Ísaks und Markos Zimmer

~ Kommt von: Der Hafensteg ~

Dienstag, 1. September 2020

Er betrat das kleine, dunkle Zimmer, dessen unteres Wanddrittel dunkel mit Holz vertäfelt war, während darüber eine grüne Wandtapete prangte. Ísak zog sich seine Schuhe wieder an und ging zur Eingangshalle. Alleinsein war wirklich nichts für ihn.
Er fragte sich, wie lange die Führung noch gehen würde und überlegte, ob er einen alten Schüler finden würde, mit dem er sich bis dahin unterhalten konnte.

~ Geht zu: Eingangshalle und Gänge ~

Marko war bei der Direktorin gewesen, welche, wie sie sagte, mit jedem ein Einzelgespräch am Anfang des Jahres führt, und ihm dort mitgeteilt hatte, dass sie sich wünschte, dass er nicht weiter in einem Einzelzimmer wohnen würde. Selbst als er sagte, dass das nicht seinen Wünschen entspräche, hatte sie ihn zusammen mit Ísak in ein Zimmer gesteckt. Sie meinte, dass sie sich sicher gut verstehen würden und inzwischen schon ein wenig kannten. Dagegen hatte er nichts sagen können. Auch wen er seit dem Treffen im Wald kein Wort mehr mit dem Neuen gewechselt hatte, war er ihm nicht wenig zugetan. Er würde auf jeden Fall ein besserer Zimmergesell sein als so manch anderer.
Als er nun mit seinem Koffer vor der Türe stand, auf welcher seit kurzem ihrer beide Namen oben stand, klopfte er an, nur zur Sicherheit, falls Ísak da sein würde. Als keine Antwort kam, seufzte er erleichtert und öffnete die Türe. Dass er nicht da war kam ihn nur gelegen, so konnte er in Ruhe seine Sachen verräumen. Er sah noch einmal über seine Schulter auf den Gang, eher er die Türe schloss.

~ Kommt von: Das Büro der Direktorin ~

Leise eine unbestimmte Melodie vor sich hin summend, ging Ísak durch die Gänge, die Hände in den Hosentaschen und ein Lächeln auf den Lippen. Als er zu seinem Schlafzimmer kam, entdeckte er den neuen Namen auf der Tür: Marko.
Ein erfreutes Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus und er öffnete die Tür. Kaum entdeckte er den anderen Jungen, strahlte er ihn an. "Hey! Wie schön, dass du jetzt auch hier wohnst!"

Marko sah erschrocken und mit großen Augen zu Ísak auf. Er schien nur mäßig bis garnicht darüber erfreut zu sein, dass er nun nicht mehr alleine in einem Zimmer war. Er war eindeutig ein Einzelgänger, welcher sich wohl öfters verkroch und kaum einmal freiwillig unter Leute ging. Deswegen hatte er auch das letzte Schuljahr so viele Stunden geschwänzt, dass er nicht nur einmal bei der Direktorin gewesen war. Doch diese war kaum über ihn böse gewesen, hatte nur versucht ihm zu erklären, dass er sich nicht für sich schämen musste.
"Hallo", sagte er schließlich ganz leise.

Ísak lächelte, schloss die Tür und setzte sich im Schneidersitz auf sein Bett.
So, Ísak. Jetzt nicht so aufgedreht. Runterschalten.
"Hey, ist es okay, wenn ich diese Bett habe? Im Grunde ist es egal.", meinte er ruhiger, doch noch immer lächelnd. Er fand Markos Aussehen noch immer faszinierend, doch auch hier bemühte er sich, ihm in die Augen zu sehen, was auch funktionierte. "Du wirst das Zimmer sowieso so gut wie für dich allein haben. Weißt du, ich schlafe nicht.", fügte er hinzu, nur für den Fall, dass Marko es im Laufe der letzten Woche noch nicht mitbekommen hatte.

"Aha", antwortete der Junge und saß nun auf seinem Bett, wo er sich sehr hilflos und verlohren vorkam. Er mochte es nicht, mit anderen im Zimmer zu sein, nicht nur weil er oft angestarrt wurde, sondern auch weil es passieren konnte, dass er unabsichtlich jemanden berühren könnte. Das war nichts was er wollte.
Er sah Ísak nicht an, denn er wollte nicht seinen Blick sehen. Er hatte die Lippen fest zusammen gepresst und seine Hände waren fest ineinander verschlungen.

Ísak sah ihn nachdenklich an. Anscheinend wollte Marko allein sein, was der Isländer absolut nicht verstehen konnte. Aber er hatte ja auch nicht dessen Leben, sondern sein eigenes.
"Okay, ich ... geh dann mal wieder.", meinte er kleinlaut. Er wollte dem Jungen gern helfen, aber mit so wortkargen Menschen kam er schwer klar. Er wusste nicht, wie er mit ihm umgehen sollte. Noch nicht. Das würde sicher noch kommen. Ísak stand auf und lächelte den anderen Jungen noch einmal an. "Also wenn du etwas brauchst oder ich dir irgendwie helfen kann ... melde dich einfach."
Er ging zur Tür, winkte Marko etwas ratlos zu, ehe er im Flur stand und überlegte, was er jetzt machen sollte. Mit einem Lächeln ging er schließlich los.

~ Geht zu: Klassenraum für Kunst ~